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Frederic Rzewskis "Lost and found" von 1985. Dies ist ein
in seinem Instrumentarium auf den nackten Körper reduziertes Antikriegsstück,
dessen kahler Schrecken von Teilen des Publikums kichernd eher als Witz
verstanden wurde: Rzewski hat hier einen zynischen Brief eines Gls aus
Vietnam, der in einem 1984 in New York City errichteten Denkmal für
in Vietnam gefallene Amerikaner eingraviert ist, komponiert, indem er
ihn einen Schlagzeuger, der zugleich selbst sein Instrument ist, rezitieren
läßt.
Ein weiteres Stück von Rzewski, das um so erstaunlicher wirkte,
wenn man sich an das starke musikantische Element in so vielen älteren
Werken dieses Komponisten erinnert, beschloß den Abend: "Forces"
von 1985, eine Szene aus "Homers Ilias" für zwei Schauspieler,
Gitarre, Flöte und Geräuschemacher. Eine bis aufs Äußerste
reduzierte, in einzelnen Tönen und Klängen fast nur noch zeichenhafte
Musik kommentiert den Text mit seiner Auseinandersetzung über das
Recht auf eigenes Leben und die Anmaßung fremder Gewalt über
dieses Leben ebenso, wie eine Art Elementarbeschwörung des Geräuschemacbers,
der mit Luft, Erde, Wasser und pyrotechnisch virtuos gehandhabtem Feuer
arbeitete. In seiner Radikalität steht Rzewskis großes Antikenprojekt
der letzten Jahre, zu dem neben diesem auch andere kleinere Werke und
die Komposition der gesamten "Perser" des Aischylos gehört,
einsam in der gegenwärtigen Musikszene; und den vorzüglichen
Mitwirkenden des Ensembles "L'art pour L'art" gelang es, auch
diese Fremdheit, Ferne und innerliche Monumentalität in ihrer konzentrierten
Darstellung zum Ausdruck zu bringen.
Der Tagesspiegel, Martin Wilkening
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